Ton, Salz und PCM: Die leise Null-Strom-Kühlwand für Pantry und Esstisch
Ton, Salz und PCM: Die leise Null-Strom-Kühlwand für Pantry und Esstisch
Wie lagert man Brot, Obst und Wein temperiert – ohne Summen, ohne Strom? Eine poröse Terrakotta-Kühlwand mit Salz-Feuchtemanagement und Phase-Change-Material (PCM) nutzt Verdunstung und Nachtkälte, um Vorräte im Küchen- oder Essbereich um 3–6 °C gegenüber der Raumluft zu kühlen. Das System ist geräuschlos, modular, reparierbar – und in Altbauküchen, Tiny Houses oder Essnischen überraschend effektiv.
Wie funktioniert die Null-Strom-Kühlwand?
Das Prinzip kombiniert drei physikalische Effekte:
- Verdunstungskälte: Poröser Ton gibt Wasser an die Luft ab; beim Verdunsten entzieht der Film der Oberfläche Wärme.
- Salzgepufferte Feuchte: Hygroskopische Salzsole (z. B. Magnesiumchlorid) stabilisiert die relative Luftfeuchte im Paneel und verhindert Überfeuchtung.
- Wärmespeicher (PCM): Bio-Paraffin oder Salz-Hydrat schmilzt bei 21–23 °C und puffert Wärmespitzen an Nachmittagen; nachts erstarrt es und „lädt“ sich neu.
Aufbau der Kühlwand-Module
- Front: 18–22 mm poröse Terrakotta mit Kapillarrillen (Wasserverteilung, 0,5 mm Tiefe)
- Kapillarmatte: Zellulose-Glasfaser-Mischvlies, Wasserspeicher 1,2 l m-2
- Feuchtepuffer: Salzsole-Reservoir mit Docht (MgCl2 33 %), nachfüllbar
- PCM-Kassetten: 2 × 500 g pro 0,5 m², Schmelzpunkt 22 °C, Latentwärme 160–190 kJ kg-1
- Rückseite: Belüftete Holzfaser-Trägerplatte (Diffusionsklasse sd < 0,5 m) mit verdeckter Abluftfuge
- Option: leiser 12-V-Lüfter (0,6 W) für Nachtauskühlung – nur bei windstillen Sommernächten nötig
Planung und Dimensionierung
Richtwerte für typische Küchen/Essbereiche:
- Vorratsvolumen bis 120 l (Brot, Obst, Käse unter 16 °C nicht nötig): 1,0–1,5 m² Kühlfläche
- Warme Dachgeschossküche (+2–3 K): 1,8–2,2 m²
- Sehr trockene Wohnungen (RH < 35 %): kleiner Soletank oder zusätzliche Verdunstungsfläche
Faustformel: 0,9 m² Paneel je 10 K Übertemperatur-Stunden am Nachmittag pro Woche (Juni–Aug.).
Wann ist das System besonders sinnvoll?
| Klimabedingung | Eignung | Hinweis |
|---|---|---|
| Trockene Sommer (RH 30–50 %) | Sehr gut | Max. Verdunstungseffekt, 5–7 °C möglich |
| Milde Nächte (< 20 °C) | Gut | PCM lädt nachts zuverlässig |
| Feuchte Küstenluft (RH > 70 %) | Begrenzt | 2–3 °C, Solepuffer wichtig |
| Hitzetage > 34 °C | Optional | 12-V-Nachtlüfter empfehlenswert |
Detail: Salzsole – Feuchte im Griff
Statt dauerhaft nasser Flächen hält eine MgCl2-Sole die Ausgleichsfeuchte stabil. Vorteil: weniger Kondenswasser, geringeres Schimmelrisiko und kalkfreie Verdunstung.
- Wartung: 1× pro Quartal nachfüllen (ca. 150 ml m-2)
- Sicherheit: geschlossene Kartusche; bei Leckage mit Wasser verdünnen und aufnehmen
Materialliste (Beispiel für 1,5 m² Kühlfläche)
- 6 × Terrakotta-Paneel 500 × 500 × 20 mm, offenporig
- Kapillarmatte 1,5 m², 3 mm
- PCM-Kassetten 6 × 500 g, 22 °C
- Holzfaser-Trägerplatten 1,5 m², Montageleisten
- Solekartusche (MgCl2, 33 %), Dichtschlauch und Docht
- Diffusionsoffener Montagekleber, lebensmittelechte Oberflächenlasur
- Optional: 12-V-Lüfter + Steckernetzteil Zeitschaltfunktion
Montage – Schritt für Schritt
1. Untergrund und Layout
Wand eben, tragfähig, diffusionsoffen vorbereiten. Kühlfläche schattig und mit Luftzirkulation planen (z. B. seitlich der Speisekammer oder hinter offenem Lamellenregal).
2. Trägerrahmen
Montageleisten anbringen, obere und untere Lüftungsfuge (8–12 mm) freihalten. Holzfaserplatten verschrauben.
3. Kapillarmatte und Sole
Matte flächig verkleben, Solekartusche einclipsen, Docht in die Rillen der Paneelrückseite führen (Schnellwechsel). Tropfschutzwanne einplanen.
4. Paneele setzen
Terrakotta-Paneele mit diffusionsoffenem Kleber ansetzen. Fugen offen lassen oder mit Jutekordel ausbilden (bessere Atmung).
5. PCM einsetzen
PCM-Kassetten rückseitig in die Trägerfelder einlegen. Zugang über verdeckte Klappen ermöglichen.
6. Optionale Nachtlüftung
Kleinen 12-V-Lüfter oben hinter der Abluftfuge montieren, Zeitschaltfunktion 22:00–06:00 Uhr.
Hinweis: In Mietwohnungen nur reversible Befestigungen nutzen; Sole immer in geschlossenen Kartuschen betreiben.
Praxiswerte und Messdaten
- Temperaturdifferenz: 3–6 °C unter Raumluft, abhängig von RH und Luftbewegung
- Feuchte im Paneel: 45–60 % RH stabil (durch Solepuffer)
- PCM-Zyklus: 1–2 Schmelz-/Erstarrungszyklen pro Sommertag
- Wasserverbrauch: ca. 80–140 ml m-2 Tag-1 (Sommer, RH 40–55 %)
Fallstudie: 7-m²-Pantry in Leipzig
- Aufbau: 1,8 m² Kühlwand, 8 offene Holzkisten (Brot/Obst), PCM 3 kg
- Sommer (Juli): Raum 27–29 °C, Kühlwandfläche 22–24 °C
- Obstlagerung: Aprikosen 4 Tage ohne Kühlung → 6 Tage mit Kühlwand (weniger Druckstellen)
- Wasserbedarf: 110 ml m-2 d-1, Sole-Nachfüllung nach 11 Wochen
- Subjektive Akustik: weicher, da Terrakotta Mikrohall dämpft (≈ 0,15 αw)
Pro/Contra kurz gefasst
| Aspekt | Pro | Contra |
|---|---|---|
| Energie | 0 W im Passivbetrieb | Nachtlüfter optionaler Strombedarf |
| Lebensmittel | Ideal für Brot, Obst, Käse | Nicht für Fleisch/Fisch geeignet |
| Wartung | Wenig Teile, leicht tauschbar | Sole und Wasser regelmäßig prüfen |
| Klima | Trockene Sommer: sehr effektiv | Sehr feucht: reduzierte Leistung |
| Design | Warme, lebendige Oberfläche | Offene Poren erfordern Pflege |
Pflege, Hygiene und Geruch
- Front reinigen: leicht feucht abwischen, keine filmbildenden Reiniger; bei Kalk: Essigwasser 1:10, anschließend mit klarem Wasser.
- Solekontrolle: Kartusche prüfen, trüb = tauschen. Kontakt mit Lebensmitteln vermeiden.
- Geruchsmanagement: Aktivkohle-Pad in die Abluftfuge legen; Brot/Obst getrennt lagern.
Gestaltung: Von der Speisenische zur stillen Bühne
Terrakotta lässt sich ritzen, glazieren oder mit Pigmentkalk lasieren. Beliebt sind flache Fischgrätenrillen (versteckte Wasserverteilung) oder parametrische Wellen, die die Verdunstungsfläche erhöhen. Kombinieren Sie offene Lamellenregale aus geölter Eiche – so bleibt Luft in Bewegung, die Kühlung effizient und die Optik wohnlich.
Nachhaltigkeit
- Materialien: Ton, Holzfaser, Zellulose – überwiegend mineralisch/biogen, recyclingfreundlich
- Kein Kältemittel: keine F-Gase, keine Kompressoren
- Lebensdauer: Tonpaneele > 20 Jahre, PCM-Kassetten > 8.000 Zyklen
- Reparierbarkeit: Docht, Sole, PCM modular tauschbar
Sicherheitshinweise
- Nur geschlossene Solekartuschen verwenden; kindersicher montieren.
- Paneele nicht in dauerhafter Spritzwasserzone montieren.
- Lebensmittel nicht direkt an feuchte Oberfläche anlehnen; Abstandshalter nutzen.
Zukunft: Sensorik und prädiktive Kühlung
- Feuchte-/Temperatursensoren steuern Dochtbenetzung situativ.
- Wetterdaten: Nachtkühlfenster automatisch via 12-V-Lüfter nutzen.
- Adaptive PCM: Steckkassetten mit 18 °C (für Wein) oder 24 °C (für Brot) je Saison wechselbar.
Fazit: Ein Möbel, das Klima macht
Die Terrakotta-PCM-Kühlwand ist Vorratsschrank, Akustikpaneel und Mikroklima-Maschine in einem. Sie passt zu nachhaltigen Küchenkonzepten, funktioniert ohne Kompressor und bringt das Gefühl einer alten Speisekammer zurück – technisch verfeinert. Wer einen stillen, stromlosen Begleiter für Brot, Obst und Käse sucht, sollte 1–2 m² Kühlfläche einplanen und mit einer Solekartusche starten. Testen Sie die Performance an einem Sommerwochenende – die spürbare Stille und Frische überzeugt meist nach 48 Stunden.
CTA: Skizzieren Sie Ihre Pantry-Wand, messen Sie die Sommerwerte in Ihrer Küche und beginnen Sie mit einem 0,5-m²-Testfeld. Skalieren Sie erst nach erfolgreichem Probelauf.
